3. Aachener Parodontologischer Fortbildungsabend
„Antibiotika in der Parodontologie“
Adjuvante antimikrobielle Behandlung der Parodontitis und Periimplantitis
„Systemische und lokale Antibiotika – Was ist wann indiziert?“ So lautete der Titel des 3. Aachener Parodontologischen Fortbildungsabends, der am 04.11.2015 unter sehr reger Kollegenteilnahme stattfand, was das allgemeine Interesse an derzeit leider mangelnden Richtlinien zur Anwendung von Antibiotika in der Parodontitistherapie aufzeigte.
Für den Fortbildungsabend konnten die Initiatoren Priv.-Doz. Dr. Stein und Dr. Hammächer mit Professor Dr. Andrea Mombelli, Ordinarius für Parodontologie und Orale Pathophysiologie an der Zahnmedizinischen Klinik der Universität Genf einen international renommierten Experten auf dem Gebiet der antimikrobiellen Therapie der Parodontitis und Periimplantitis gewinnen.
Brauchen wir mikrobiologische Tests oder ist aus heutiger Sicht eine kalkulierte Antibiotikatherapie vertretbar und vielleicht sogar vorteilhaft? Gibt es lokale antimikrobielle Agentien oder aber andere Therapieverfahren, die dem systemischen Einsatz von Antibiotika gleichwertig sein könnten? Das waren einige der zentralen Fragen des diesjährigen Fortbildungsabends. Anhand der Literatur und eigener wegweisender klinischer Studien stellte Professor Mombelli die Effekte adjuvanter systemischer antibiotischer Therapien auf den Erfolg oder Misserfolg einer Parodontaltherapie eindrucksvoll dar.
Bekannt ist die Gabe von Amoxicillin und Metronidazol bereits seit den 90er Jahren. Die Arbeitsgruppe um van Winkelhoff erforschte insbesondere die Auswirkung dieses „Cocktails“ auf „Aggregatibacter actinomycetemcomitans“ (AA), der lange Zeit als entscheidender therapie-beeinflussender parodontaler Leitkeim galt.
Professor Mombelli präsentierte in seinem Vortrag zahlreiche neue eigene Forschungsergebnisse und Behandlungsfälle aus seiner Klinik. Dabei stellte er den Sinn einer generellen Leitkeimbestimmung in Frage und demonstrierte den überlegenen Nutzen der Full Mouth Disinfection (FMD) in Kombination mit der Gabe von Amoxicillin und Metronidazol für Patienten mit fortgeschrittener Parodontitis, der unabhängig von vorliegenden mikrobiologischen Tests in vielen seiner Studien nachweisbar war. In diesem Zusammenhang erläuterte er das Therapieschema seiner Klinik und betonte dabei, dass eine antibiotische Therapie nicht als Kompensation für eine unzureichende Instrumentierung der Wurzeloberfläche missverstanden werden sollte und somit als alleinige Maßnahme keinen Nutzen hat.
Sehr eindrucksvoll zeigte der Referent, dass die nichtchirurgische Parodontitistherapie in Kombination mit Amoxicillin und Metronidazol mit einem protektiven Faktor von 8,9 vor einer späteren (umfangreicheren) parodontalchirurgischen Intervention schützen kann und letztlich eine Antibiose über den Behandlungsverlauf und -erfolg entscheidet, hingegen nicht die Detektion spezifischer Keime. Gleichermaßen ging Prof. Mombelli aber auch kritisch auf die Risiken der Resistenzbildung und Nebenwirkungen durch Antibiotika sowie Strategien zu deren Vermeidung ein. Darüber hinaus wurden auch andere Verfahren wie die photodynamische Therapie sowie lokale Antibiotika mit der adjuvanten systemischen Antibiose verglichen und erwiesen sich für den Einsatz in der antiinfektiösen Therapie als unterlegen.
Ergänzend wurde die Frage aufgegriffen, ob die zuvor genannten Empfehlungen auch auf die Therapie der Periimplantitis übertragen werden können. Bei der Periimplantitis muss jedoch die nichtchirurgische Therapie als wenig effektiv gewertet werden. Für die chirurgische Therapie zeigte jedoch eine erste klinische Pilotstudie, dass die Kombination von Amoxicillin und Metronidazol im Zusammenhang mit einer Zugangslappen-OP erfolgreiche Ergebnisse erbrachte. Langzeitdaten hierzu stehen jedoch noch aus.
Insgesamt brachte der 3. parodontologische Fortbildungsabend ein interessantes und umfangreiches „Update“ zur antimikrobiellen parodontalen Therapie. Die Veranstaltung klang nach den eindrücklichen neuen Erkenntnissen im geselligen Rahmen in angeregten Kollegengesprächen aus. Für das Jahr 2016 ist ein weiterer parodontologischer Fortbildungsabend geplant.