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Management der Extraktionsalveole: Muss man immer auffüllen?

Symposium: 8. Aachener Parodontologischer Fortbildungsabend

 

Werden zum Zeitpunkt der Ex­traktion keine kammerhaltenden Maß­nahmen durchgeführt, werden für spätere Implantationen mitunter sehr aufwändige Augmentation notwendig, um langzeitstabile ästhetisch ansprechende Ergebnisse zu erreichen. Daher sollte vor jeder Extraktion geprüft werden, ob und welche kammerhaltenden Maßnahmen indiziert sein könnten. Der Vortrag von Prof. Dr. Stefan Fickl im Rahmen des 8. Aachener Parodontologischen Fortbildungsabend zeigte eindrucksvoll die Bedeutung des richtigen Alveolenmanagements und des damit verbundenen regenerativen Potenzials.

Die Initiatoren Prof. Dr. Jamal M. Stein und Dr. Christian Hammächer luden mit Thema „Management der Extraktionsalveole“ zum Parodontologischen Fortbildungsabend ein, der pandemiebedingt ein Jahr später als geplant unter 2G-Bedingungen am 1. Dezember 2021 in Aachen als Präsenzveranstaltung stattfinden konnte. Gastreferent Professor Fickl stellte zu diesem Thema neben eigenen Forschungsarbeiten eine Vielzahl an eindrucksvollen Fallbeispielen vor, die in ein praxiserprobtes Konzept mündeten.

Eines wurde schon zu Beginn klar: Das Sofortimplantat ist nicht immer die beste Wahl!

Das nach Zahnextraktionen infolge umfangreicher Um- und Abbauprozesse mit einem Dimensionsverlust des umliegenden Knochens und Weichgewebes zu rechnen ist, kennt jeder Praktiker aus der eignen Erfahrung. Dabei kommt es bereits in den ersten 2-3 Monaten zu einem signifikanten Volumenschwund in der horizontalen Dimension des Kieferkamms, wohingegen das vertikale Volumen deutlich weniger Hartgewebe einbüßt. Dabei sind im Bereich der bukkalen Knochenwand erheblich größere Verluste als im oralen Anteil des Kieferkamms zu verzeichnen. In der Folge kommt es sowohl zu einer Verschmälerung als auch zu einer Verlagerung des Kieferkamms nach oral. In tierexperimentellen Studien konnte gezeigt werden, dass schon wenige Wochen post-extractionem der Bündelknochen, der maßgeblich an diesen krestalen Veränderungen beteiligt ist, nicht mehr nachzuweisen ist. Problematisch sei dies vor allem bei dünnen gingivalen Biotypen.

Um den weichgewebigen und knöchernen Verlust zu kompensieren, wurden diverse kammerhaltende Maßnahmen beschrieben. Hierbei hat sich das Einbringen von schwer resorbierbaren Biomaterialien in die Alveole und der Wundverschluss mit einer Kollagenmembran oder einem freien Schleimhauttransplantat seit ca. 15-20 Jahren etabliert, jedoch mit inkonsistenten Ergebnissen. Laut Fickl lag dies daran, dass in früheren Studien die Betrachtung der Defektsituation der Alveole zu wenig beachtet wurde, weswegen der Referent eine deutlich differenzierte Indikationsstellung empfahl. Der Praktiker sollte sich verschiedene Fragen stellen: Handelt es sich um einen funktionellen und/oder ästhetisch kritischen Bereich? Können kollagene Ersatzmaterialien autologe Weichgewebstransplantate (Punches) ersetzen? In welchen Indikationen kann bzw. sollte ein Sofortimplantat favorisiert werden? Und welche Rolle spielt hierbei der gingivale Biotyp?

Diese Fragen beantwortete Stefan Fickl anhand verschiedener eigener Fäll und zeigte dabei Vorteile, aber auch Grenzen und Misserfolgsrisiken. Bei ausgedehnten Defekten der Extraktionsalveole favorisiert der Referent zunehmend den Einsatz einer kreuzvernetzen Kollagenmembranen. Die Vernetzung erfolgt dabei mittels Ribose, die an den physiologischen Vernetzungsprozess des Körpers angelehnt ist. Neben der hohen Biokompatibilität zeigt diese Membran auch nach Exposition eine zuverlässige Barrierefunktion und verfügt über eine andauernde Langzeitstabilität von bis zu sechs Monaten.

Auch der Einsatz von Hyaluronsäure als Wundheilungsbeschleuniger wurde aus klinischer und wissenschaftlicher Sicht beleuchtet. Aktuelle Studien zeigen signifikant den positiven Effekt auf die Weich- und Hartgewebeheilung mit einem vielfältigen Einsatzspektrum bei parodontalen und oralchirurgischen Eingriffen. Eine vielversprechende Alternative zu autologen Knochenblöcken scheint der Einsatz von Tenting Screws zu sein. Das Einbringen dieser unterstützenden Hilfsvorrichtung scheint sich positiv auf die bukkale Volumenstabilität auszuwirken. Diese modifizierte GBR-Technik dämpft durch den Einsatz einer speziell geformter Stützschraube die Kompressionskräfte und reduziert das Risiko eines Kollapses der Augmentationsmaterialien deutlich.

Insgesamt zeigte der Abend, dass bei jeder Extraktionsplanung die spätere prothetische Versorgung und eine mögliche Augmentation vorrausschauend einkalkuliert werden sollte und diese Maßnahmen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die finalen Ergebnisse der Behandlung haben. Die rege Diskussion im Anschluss an den Vortrag bestätigte das große Interesse der Teilnehmer und die Relevanz der vorgestellten Konzepte für die tägliche Praxis. In geselligen Runden mit weiteren kollegialen Gesprächen klang der Abend mit durchweg positiver Resonanz aus. Der nächste parodontologische Fortbildungsabend ist für November 2022 geplant.

 

ZA Florian Schittenhelm

Gastreferent Prof. Dr. Stefan Fickl (Mitte) mit den Initiatoren Dr. Christian Hammächer (links) und Prof. Dr. Jamal M. Stein (rechts)

Prof. Fickl diskutierte die Frage, wann und mit welchen Materialien kammerhaltende Maßnahmen sinnvoll sind und welche Kriterien zu beachten sind.

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